Hier nun eine etwas ausführlichere Behandlung des in letzter Zeit öfter in der Presse zu findenden Themas.
Die Problematik des Röhrichtrückgangs ist am Dümmer ja nicht neu. Die nachfolgende Karte zeigt wie früh bereits großflächige Flächenverluste feststellbar waren.

Remmer Akkermann ist es zu verdanken, dass Daten zum überaus schädlichen Einfluss des Bisams vorliegen. Er untersuchte im Rahmen seiner Doktorarbeit den Bisambestand am Dümmer und dessen Auswirkungen auf das Ökosystem.
Dabei ermittelte er für den Winter 1971/1972 eine Gesamtzahl von 771 Winterburgen. Diese baut der Bisam in der Verlandungszone, in der er keine Erdbaue graben kann, aus Pflanzenmaterial auf. Der Bisambestand lag bis dahin mit jährlichen Schwankungen zwischen 2.000 und 3.000 Stück. Für diese berechnete Akkermann einen Konsum frischer Biomasse von rd. 3.070 t pro Jahr, was einem Röhrichtverlust von 12,9 bis 14,6 ha pro Jahr entsprach. Akkermann gibt somit als Flächenverlust, der im Zeitraum 1964-1974 durch den Bisam verursacht wurde, 48 ha an, was 22 % der gesamten Röhrichtfläche entspricht. Somit lässt sich der Großteil der in der oben dargestellten Karte sichtbaren Röhrichtverluste bereits mit dem enormen Nahrungsbedarf des Bisam erklären.
Glücklicherweise brach der Bestand des Bisams, der ja ursprünglich aus Nordamerika stammt und hier nicht heimisch ist, ab dem Beginn der 1970er Jahre zusammen. Heute haben wir wahrscheinlich nur noch einen Bestand von unter 100 Bisams im Dümmer. Die Zahl der Winterburgen ist von früher über 700 auf unter 50 zurückgegangen.
Bekanntlich wurden jedoch in den 1960er Jahren Graugänse am Dümmer wiederangesiedelt, haben sich seitdem munter vermehrt und die Rolle des Bisams als Hauptverursacher von Fraßschäden übernommen.
Da uns eine umfassende Diasammlung von Herrn Akkermann vorliegt, finden sich Belegaufnahmen wie die folgende, die bereits am 16.10.1976 das gänsetypische Fraßbild an Binsenbeständen im Nordwesten des Sees (aufgenommen mit Blickrichtung Fennekerwiesen) zeigen. Im Vordergrund an den Einzelpflanzen ist es genau zu erkennen, aber auch der große Bestand im Hintergrund ist großflächig in Kopfhöhe der Gänse abgeknickt bzw. abgefressen.


Nach dem mehr oder weniger vollständigen Verschwinden der Binsenbestände im Freiwasser sowie der wasserdurchfluteten Uferröhrichte, wurden großflächige Fraßschäden am Uferschilf ab etwa 2013 sichtbar. Hierzu muss man sagen, dass der Graugansbestand natürlich vom Prädatorenmanagement zum Wiesenvogelschutz profitiert hat. Denn die ab 2010 deutlich im Bestand reduzierten Raubsäuger haben natürlich nicht nur Kiebitz- und Uferschnepfeneier, sondern auch Grauganseier gefressen. Aber zurück zum vorherigen Zustand, in dem kaum Wiesenvogelgelege zum Schlupf kamen, kann und möchte natürlich auch niemand. Der Dümmer hat sich mittlerweile zu einem der besten Wiesenvogelbrutgebiete in ganz Europa entwickelt, die Bestände diverser Arten haben sich verfielfacht und es kommen Naturfreunde aus ganz Europa zum Beobachten und Fotografieren an den Dümmer. Abgesehen davon, dass das niemand aufgeben möchte, steht dem auch das nationale und europäische Artenschutzrecht entgegen.
Auch unabhängig vom Prädatorenmanagement befindet sich der Graugansbestand europaweit im Aufwind. Gerade hier bei uns in der Region haben eine energiereiche Äsung auf intensiv landwirtschaftlich genutzten Flächen und zahlreiche neue Brutgebiete in wiedervernässten Hochmooren dazu beigetragen. Die geringen Raubsäugerdichten haben somit eine ohnehin stattfindende Entwicklung nur beschleunigt, aber dass dieser Eingriff nicht ohne Auswirkungen blieb, ist uns klar.


Da immer deutlicher wurde, welchen Einfluss Fraßschäden auf das Röhricht am Dümmer haben, haben wir ab 2016 Schilfbestände eingezäunt, um den „Einflussfaktor Fraßdruck“ auszuschließen. Durch das dünne Sechseckgeflecht, das wir verwendet haben, wurden alle anderen Faktoren wie Wellengang, Wasserstandshöhe, Wasserqualität und Verschlammung nicht beeinflusst und wirkten in den gezäunten Bereichen und den daneben liegenden, ungeschützten Vergleichsabschnitten gleich.







Diese Versuche haben wir dann mehrere Jahre weitergeführt, was sich jedoch als sehr aufwändig herausgestellt hat, da sich einerseits das Schilf innerhalb der Zäune ausgebreitet hat und diese immer wieder weiter in den See gerückt werden mussten (man muss immer relativ nah am Schilf zäunen, da die Gänse sonst in die Einzäunungen fliegen können), andererseits kam es durch Treibgut, Eisgang und Korrosion immer wieder zu Schäden an den Zäunen, die Reparaturen notwendig machten oder, wenn sie zu spät entdeckt wurden, auch die ganzen bis dahin erzielten Erfolge zunichtemachten, da doch wieder Tiere in die verlockenden Schilfbestände gelangt waren.
Grundsätzlich haben die Versuche jedoch gezeigt, dass das Schilf innerhalb des Dümmers unter den aktuellen Bedingungen (Wasserstand, Nährstoffsituation, Wellenschlag etc.) sehr wohl in der Lage ist, gesund zu wachsen und sich weiter in den See auszubreiten. Innerhalb der Einzäunungen hat das Schilf problemlos Wassertiefen von über 70 cm erreicht und damit Fischen und anderen aquatischen Orgenismen einen wichtigen Lebensraum geboten.
Zusätzlich haben wir, da ja die Teichbinse früher eine enorme ökologische Bedeutung für den See hatte, auch mit dieser Pflanze Versuche gestartet. Da im See selbst keine geeigneten Vorkommen mehr vorhanden waren, die man mit Zäunen hätte schützen können, haben wir aus autochthonen Samen Teichbinsenpflanzen gezüchtet und im See gepflanzt.




Die Einzäunungen von Schilf am Ufer und von Teichbinsen im Freiwasser zeigten somit das gleiche Bild: So lange sie niemand abfrisst, sind beide Pflanzenarten nach wie vor problemlos in der Lage, sich im Dümmer zu etablieren und auszubreiten. Die Rolle weiterer Einflussfaktoren kann vernachlässigt werden und ist nicht ursächlich für die Rückgänge bzw. das aktuelle Fehlen.
Ab etwa 2012 kam dann, als ebenfalls invasiver „Nachfolger“ des Bisams, der bis heute auf einem relativen niedrigen Bestandsniveau geblieben ist, die Nutria in die Dümmerniederung.

Nutrias können Röhrichte deutlich nachhaltiger Schädigen als Gänse und andere Wasservögel, da sie nicht nur oberirdische Vegetation abfressen, sondern auch Wurzeln bzw. Rhizome ausgraben, was zum direkten Absterben der Pflanze führen kann. Teilweise verstärkt sich diese Wirkung gegenseitig, da die enormen Gänsezahlen am Dümmer großflächig die Blätter und grünen Triebe von Röhrichtpflanzen abweiden und für die Nutrias somit im direkten Uferbereich, der natürlich auch für diese Arte bevorzugter Lebensraum ist, zeitweise nur Wurzeln und Rhizome als Nahrungsquellen übrig bleiben.

Seit dem Auftauchen der Nutria in der Dümmerniederung wird diese selbstverständlich bejagt, seit 2019 dann auch ausgesprochen intensiv. Besonders hoch ist der Jagddruck in der südlichen Dümmerniederung, da die NUVD hier mit hauptamtlichem Personal dafür sorgen kann, dass fast kein dauerhaft etablierter Nutriabestand mehr vorhanden ist und neu aus der Umgebung zuwandernde Exemplare innerhalb kurzer Zeit wieder erlegt werden.
Im Nordteil des Schutzgebiets übernehmen die privaten Jagdausübungsberechtigten die Nutriabejagung. Dabei kann natürlich nicht die Intensität erreicht werden, die bei hauptamtlicher Jagdausübung möglich ist, aber auch hier gelingt es, den Nutriabestand in Grenzen zu halten.
Innerhalb des Sees übernimmt die Bejagung auch die NUVD, jedoch ist hier ein ungleich höherer Aufwand erforderlich. Aufgrund der Unzugänglichkeit der Seeufer, gerade am Süd-, West- und Nordufer, ist hier die gesamte Bejagung nur per Boot möglich, sowohl um Fallen zu stellen und zu kontrollieren, als auch um sich in Schwerpunktbereich mit der Waffe anzusetzen. Zusätzlich erschweren die flachen, oft verschlammten Ufer das Arbeiten, da man nicht mit Motor bis direkt ans Ufer fahren kann, sondern teilweise (besonders beim um 40 Zentimeter abgesenkten Winterwasserstand) bereits 100 m vom Ufer entfernt nur noch stakend vorankommt.
Jedoch ist es so bislang gelungen, den Nutriabestand im Dümmer auf einem verträglichen Niveau zu halten und die Nutrias, wo sie sich vermehrt haben in kurzer Zeit wieder stark zu reduzieren bzw. sogar zeitweise zu eliminieren.

Wir arbeiten schon lange mit Wildkameras, um Bestände zu erfassen und auch die Verursacher von Fraßschäden am Röhricht zu identifizieren. Dabei waren die Anzahlen der erfassten Graugänse stets in ganz anderen Größenordnungen als die von Bisam und Nutria. Um dies auch mit externen Daten zu belegen, seien hier die Ergebnisse einer Wildkamera-Erfassung durch das Gutachterbüro GFN (Gesellschaft für Freilandökologie und Naturschutzplanung mbH) aus Kiel aus dem Jahr 2020 genannt, die 208-mal mehr Graugänse als Bisams und Nutrias ergaben.
Fazit: Nutrias können gravierende Schäden verursachen, der Bestand ist jedoch auf einem ganz anderen Niveau als der der Graugänse und wird durch die permanete Bejagung unter Kontrolle gehalten.
Zusätzlich entwickelte sich ein weiteres Problem. Der Dümmer ist ein Verlandungssee. Die ihn umgebenden Röhricht-, Weidengebüsch- und Bruchwaldbereiche sind aus dem natürlichen Verlandungs- und Sukzessionsprozess entstanden, der den See über Jahrtausende hat kleiner werden lassen. Da die Röhrichte wie hier beschrieben, in den letzten Jahrzehnten immer weiter zurückgingen, gleichzeitig jedoch im EU-Vogelschutzgebiet Dümmer Röhrichtbrüter wie Rohrdommel und Schilfrohrsänger wertbestimmend sind, mussten Maßnahmen zur Sicherung der Lebensräume und Bestände umgesetzt werden. Dies waren seit den 2000er Jahren u.A. Arbeiten mit Pistenbully und Forstmulcher, mit denen die Gehölzsukzession aufgehalten und noch vorhandene, offene Röhrichte zunächst „über die Zeit gerettet“ werden sollten.


Alljährlich haben sich die Fräsflächen wieder begrünt – entweder mit Mischröhrichten, reinen Röhrichten unterschiedlicher Ausprägungen (z.B. Schilf-, Rohrkolben- oder Wasserschwadenröhrichte) oder Hochstaudenfluren. Teilweise kamen natürlich auch Gehölze wieder auf, konnten aber durch Nacharbeiten zurückgedrängt werden, sodass sich in der Regel relativ gehölzarme Flächen entwickelten.
Ab etwa 2018/2019 funktionierte diese Wiederbesiedlung der Fräsflächen mit Röhricht und anderen Pflanzengesellschaften nicht mehr, da ein hoher Fraßdruck ausgeübt wurde.


Verstärkt wird die Offenhaltung der Fräsflächen noch durch den Karpfen, der sich im Dümmer massenhaft vermehrt hat. Er nutzt die entstandenen, sich schnell erwärmenden Flachwasserbereiche gerne zum Laichen. Durch das Schwimmen, die Nahrungssuche und das intensive Flossenschlagen beim Laichen verhindert der Karpfen zusätzlich zum Fraßdruck durch Graugans, Bisam und Nutria die Wiederbesiedlung mit Röhrichtvegetation.



Um die aktuell vorhandenen Röhrichte zu erhalten, wäre es eigentlich angebracht, erneut Pistenraupenarbeiten durchzuführen, jedoch soll damit gewartet werden, bis der Fraßdruck soweit abgesenkt wurde, dass sich die Flächen kurzfristig wieder begrünen können. Trotz idealer Bedingungen, was Samenpotenzial und Wassertiefe/Feuchtigkeitsversorgung anbelangt, funktioniert dies im Moment nicht bzw. die vorhandene Vegetation wird sogar noch weiter zurückgedrängt.
Um die ganze Problem-Darstellung nicht auf den Naturschutz zu beschränken: Gerade die Milchviehbetriebe hier in der Region haben mittlerweile große Probleme durch Fraßschäden und Verkotung durch Graugänse im Grünland (unabhängig von den großen Bläss- und Saatgansansammlungen im Winterhalbjahr) und auch die Fraßschäden auf Wintergetreideflächen sind mittlerweile so ausgeprägt, dass manche Flächen nur noch zum Anbau von Mais, Kartoffeln und anderen weniger (Gänse-)schadensanfälligen Feldfrüchten geeignet sind.

Und auch der Tourismus und die Seeökologie sind betroffen.
Da die Gänse gerne an den Badestellen kurzes Gras auf den Liegewiesen abweiden und danach wieder in’s Wasser wandern, führte der dort abgegebene Kot in der Vergangenheit häufig zu hohen Fäkalkeimbelastungen und in der Folge zur Sperrung von Badestellen. Mittlerweile wurden zahlreiche Gegenmaßnahmen umgesetzt, mit denen die Badestellen im sogenannten „Change-Verfahren“ wieder freigegeben wurden. Hierzu zählen das Aufstellen von Gänsezäunen, der Bau der großen Steinverwallung als Gänsebarriere an der Badestellen an der Seestraße in Lembruch und die Förderung der Durchströmung von Badestellen, um die Vermehrung von Bakterien in stehendem Wasser zu reduzieren.

In der Bewertung nach der EG-Wasserrahmenrichtlinie gibt es verschiedene Qualitätskomponenten. Dazu zählen bei den biologischen Qualitätskomponenten u.A. die vorkommenden Fischarten und ihre Bestandsstruktur sowie das Makrozoobenthos (Würmer, Schnecken, Muscheln, Krebstiere, Insektenlarven), die natürlich von Strukturen wie aquatischen Schilf- und Teichbinsenröhrichten massiv profitieren. Ein Teil der hydromorphologischen Qualitätsbewertung ist die Uferstruktur. Zu den in den letzten Jahren sehr schlechten Bewertungen des Dümmers haben die derzeit stark verarmten Ausprägungen der genannten Bewertungsfaktoren maßgeblich beigetragen. Im letzten Jahr hatte der Dümmer die schlechteste Bewertung überhaupt.
Was sind also aktuelle Maßnahmen? Zum einen führen wir weiter fraßgeschützte Neuanpflanzungen durch. Die erste davon, die auch eine als Lebensraum relevante Größe hatte, entstand 2020 am Olgahafen. Hier zeigte sich, dass auch auf größerer Fläche Initialpflanzungen schnell zu bedeutenden Lebensräumen für Fische, Vögel und Insekten werden können, wenn denn der Fraßschutz funktioniert.

Gleiches gilt für die Anpflanzung an der Hohen Sieben, die wir mit Fördermitteln der Postcode-Lotterie errichtet haben. Da wir meistens Südwestwind haben, liegt die Pflanzung sehr windexponiert und wir haben immer wieder mit Löchern im Zaun zu kämpfen. Dieser Kampf gegen den Fraßdruck ist mittlerweile wirklich ernüchternd, denn die Pflanzung hat das Potenzial sich gut zu entwickeln, wird aber immer wieder abgefressen.

In unserer neuesten Anpflanzung in Eickhöpen haben wir gerade diese intensiven Sicherungsmaßnahmen dann doch umgesetzt, um nicht eine weitere Zaunbau-Dauerbaustelle oder Demonstration für Misserfolge durch Tiere, die Löcher im Zaun finden und alles, was bis dahin aufgebaut wurde, wieder abfressen, zu schaffen.
Da man mit solchen Einzäunungen aber auch alle möglichen Tiere aussperrt, die eigentlich von solchen Bereichen profitieren sollen, ist das bestenfalls eine Überbrückungsmaßnahme.
Immerhin der ständig anwesende Eisvogel und die Schwalben freuen sich über zahlreiche Sitzgelegenheiten.

All dies bringt uns nun zur Bestandsreduktion der Graugans, über die ja viel in den Medien zu lesen und zu sehen war.
Der Bestand der Graugans ist, wie Synchronzählungen, die wir gemeinsam mit dem NLWKN seit zwei Jahren durchführen, auf über 6.000 Exemplare angestiegen und durch das nach wie vor laufende Prädatorenmanagement zum Wiesenvogelschutz ist der Graugansbestand nach wie vor sehr vermehrungsfreudig. Und nicht nur das – die Graugans ist auch eine sehr langlebige Art. Der vorhandene Bestand wird also auch nicht in naher Zukunft wegen Überalterung zusammenbrechen. Das Gegenteil ist der Fall und deshalb haben wir bereits vor drei Jahren begonnen, den Bestandszuwachs zu reduzieren, indem wir (mit Genehmigung natürlich) Eier angebohrt haben.
Das haben wir zunächst nur im Röhricht der Südbucht und an der Hohen Sieben gemacht, wo zwar viele Nester sind, aber durch die hohe Gänsedichte auch ein hoher innerartlicher Stress herrscht und ohnehin viele Nester wieder aufgegeben werden.

Im Feuchtgrünlandteil des Schutzgebiets liegt der Schlupferfolg deutlich höher. Bislang dachten wir, dass dort zumindest weniger Nester sind als im Röhricht. Das erstmalige Anbohren von Eiern auch im Grünland des Ochsenmoors hat uns allerdings in diesem Frühjahr eines Besseren belehrt. Alleine im nördlichen Ochsenmoor und entlang der Hunte haben wir über 400 Graugansnester gefunden! Das macht, ebenso wie die Synchronzählungen mit dem NLWKN deutlich, dass der Bestand bislang deutlich unterschätzt wurde.
Da wir die Eier ja nur in der ersten Hälfte der Bebrütung anbohren dürfen, suchen wir die Nester sehr zeitnah auf, was allerdings dazu führt, dass viele sogar noch in der Legephase sind. Man weiß also nicht, wie viele unbehandelte Eier nach dem Anbohren noch dazu gelegt werden. Zum Teil schaffen wir es, die Eier die beim ersten Durchgang noch in der Legephase waren, noch ein zweites mal aufzusuchen, gerade im Feuchtgrünland verzichten wir aber in vielen Bereichen darauf, da man viele Wiesenvögel und Enten schon sehr stark beim Revieregründen, Balzen oder Brüten stört.
So kommt trotz des Anbohrens immer noch ein Teil der Eier zum Schlupf. Und jedes Gelege finden wir auch nicht bzw. lohnt in manchen Teilen des Schutzgebiets das Suchen nach einzelnen Nestern auch den Aufwand nicht.
Im gesamten Nordteil des Schutzgebiets haben wir bislang garkeine Eier angebohrt, sodass hier natürlich weiterhin reichlich Nachwuchs groß werden und den Gänsebestand hoch halten konnte.
Zusätzlich erfolgte bislang zwischen Juli und September die Bejagung auf Acker- und Intensivgrünlandflächen außerhalb des Schutzgebiets. Dabei konnten in manchen Jahren deutlich über 1.000 Graugänse innerhalb dieses dreimonatigen Zeitraums erlegt werden, jedoch hat dies nie ausgereicht, um den Bestand zu reduzieren. Selbst in einem Jahr wie diesem, in dem im Südteil des Schutzgebiets der Großteil der Eier angebohrt wurde, sind im gesamten Schutzgebiet noch über 1.000 neue Graugänse geschlüpft, wie unsere Synchronzählungen ergeben haben.
Ab Oktober, wenn sich die Graugänse mit den ersten nordischen Gänsen, die ja in Niedersachsen keine Jagdzeit haben, mischen, beenden wir die Bejagung außerhalb des Schutzgebiets.
Neben den erfolgreichen Jahren gab es auch solche, in denen nur 300-400 Gänse erlegt werden konnten, weil keine geeigneten Flächen zur Bejagung zur Verfügung standen. Dies war z.B. dann der Fall, wenn witterungsbedingt viel Getreide zur selben Zeit gedroschen wurde und sich dadurch keine Flächen herausgebildet haben, die von sehr vielen Gänsen gleichzeitig zur Nahrungssuche genutzt wurden. Nur dort lohnt sich dann die Bejagung. In manchen Jahren lagen die von den Gänsen genutzten Flächen auch zu nah an Straßen oder Siedlungen, sodass dort aus Sicherheitsgründen nicht gejagt werden konnte.

Der dauerhaft von den Graugänsen genutzte Raum im Schutzgebiet ist bislang jagdlich tabu gewesen. Hier soll sich nun nach dem Willen von NLWKN und NUVD etwas ändern, um durch Fachpersonal, das einschätzen kann, wann und wo eine Erlegung von Graugänsen tierschutzrechtlich unbedenklich ist und nicht zu Störungen anderer Arten führt, endlich signifikant in den Graugansbestand eingreifen zu können. Dabei geht es zum einen um die Bejagung von Nichtbrütern in der Schonzeit, also Gänsen, die truppweise sitzen und dadurch anzeigen, dass kein brütender Partner irgendwo in der Nähe auf dem Nest sitzt. Zum anderen geht es schlicht um die Öffnung der Jagd nach der Brutzeit, wenn im Schutzgebiet außer Greifvögeln, Störchen, Staren und Graugänsen ohnehin nichts zu sehen und zu stören ist. Hier könnte dann endlich so weit in den Gänsebestand eingegriffen werden, dass in der Kombination mit dem Anbohren der Eier eine Absenkung des Bestandes möglich wäre.
Dramatisierungen, dass Gänse vom Nest geschossen werden oder der Partner des brütenden Altvogels erlegt würden, sind also völlig aus der Luft gegriffen und haben sicher keine sachliche Diskussion des Themas zum Ziel…
Die Gänsebejagung hat somit ein klares Ziel im Sinne des Natur- und Artenschutzes, findet aber natürlich nicht als reine Bestandsreduktion statt, sondern auch zur Gewinnung hochwertiger Lebensmittel, das heißt alle erlegten Graugänse werden selbstverständlich verwertet und nicht einfach entsorgt.
Fazit zum Schluss: Wenn der Schutz und die Ausdehnung von Röhrichten als Lebensraum für Fische, Vögel, Insekten und andere Artengruppen am Dümmer nicht hinter Zäunen stattfinden soll – was aus rechtlichen Gründen garnicht geht, denn diese Lebensräume müssen für ebendiese Artengruppen zugänglich sein – führt an einer Reduktion der Tiere, die das Röhricht aktuell maßgeblich schädigen, kein Weg vorbei. Für die beiden invasiven Arten Bisam und Nutria erfolgt dies bereits in einer Weise, die dem Röhricht das Wachstum ermöglichen würde. Für die Graugans wurde es mit dem Anbohren von Eiern und der Bejagung außerhalb des Schutzgebiets versucht, jedoch ohne Erfolg. Hier würde die Bejagung innerhalb des Schutzgebiets – wohlgemerkt tierschutzgerecht und störungsarm durchgeführt – endlich die notwendige Effektivität bieten.
Ich hoffe, diese umfassende Darstellung hilft, das zu verdeutlichen. Die Fotos und Daten sind zum Teil schon älter, aber an den Wirkzusammenhängen hat sich nichts geändert.
Marcel Holy, NUVD