Dieser Artikel erschien ebenfalls am 29.01.2020 im Diepholzer Kreisblatt unter der Überschrift: Brutareale für den Haubentaucher entstehen.
Lange Zeit war der Haubentaucher (Podiceps cristatus) der Charaktervogel des Dümmers. Er war sehr zahlreich vertreten und man konnte ihn mühelos auf dem See beobachten. Er war so sinnbildlich, dass sogar in Lemförde eine entsprechende Statue zu finden ist. Heute sind nur noch wenige Haubentaucher auf dem See und auch die Bruten sind deutlich zurück gegangen.
Das war jedoch nicht immer so. In den Archiven des ehemaligen Naturschutzzentrums des Deutschen Bundes für Vogelschutz, welches in den achtziger Jahren am Dümmer betrieben wurde, haben wir die Brutnachweise von 1984 und 1986 gefunden. Damals gab es auf dem See mehrere Kolonien dieser imposanten Vögel.
So wurden 1984 371 Brutnachweise in 41 Kolonien erfasst, das entspricht einem Bestand von mindestens 742 adulten Haubentauchern. Dabei ist in einem Bericht über die Situation des Haubentauchers im Jahr 1984 zu lesen:
„Vom 14. Mai bis zum 02. Juni wurden am gesamten See 371 besetzte Nester registriert. (…) 74 Nester (20%) befanden sich in den Binseninseln, 170 (46%) am Schilfrand oder in einzelnen Schilfinseln und 127 (34%) auf See- und Teichrosen.“
Bereits 1986 stellte sich die Situation schon ganz anders dar. Es wurden lediglich noch 106 Gelege gezählt. Das entspricht in etwa 30 % des Brutbestandes von 1984.
Selbst damals, vor inzwischen mehr als 30 Jahren, war man offensichtlich bereits auf den Rückgang aufmerksam geworden. Heute liegt die Anzahl der Haubentaucherbruten auf dem Dümmer im einstelligen Bereich. In Deutschland gilt der Haubentaucher allerdings als nicht gefährdet. Der Bestand wird aktuell auf 31.000 Tiere geschätzt und gilt als stabil bis leicht ansteigend.
Nun aber zurück zum Dümmer. Im Vergleich zu früher, fehlt dem See heute ein Großteil der wertvollen Pflanzenbestände, die es damals im Dümmer gab. Das sind zum Beispiel die Binsen- und Schilfinseln, Schilfrandbereiche, die im Wasser stehen und auch die Schwimmblattzonen. Somit genau die Bereiche, in denen in den achtziger Jahren die Nester erfasst wurden.
Ein weiteres Problem könnte die Nahrungsverfügbarkeit, also das Vorhandensein von Kleinfisch, sein. Kleinfische und Jungfische sind im Dümmer zur Mangelware geworden, wie verschiedene Bestandserfassungen zeigen. Das flache Wasser des Dümmers und das Fehlen von Versteckmöglichkeiten ermöglichen es insbesondere dem Kormoran, der sich nach seiner Unterschutzstellung stark vermehrt hat und am Dümmer im Winterhalbjahr mit zeitweise über 2.000 Exemplaren vorkommt, den Bestand kleiner Fische, die auch dem Haubentaucher als Nahrung dienen würden, stark zu dezimieren.
Aber es gibt auch Hoffnung. Die NUVD zieht bereits seit 2011 Schilf und Binsen aus lokalen Samen auf, um diese anschließend in eingezäunten Bereichen im See anzupflanzen. So entstehen wieder Schilf- und Binseninseln im Freiwasser. Ebenso werden Schilfgebiete am Randbereich des Dümmers gegen Verbiss durch Säugetiere und Vögel eingezäunt, damit diese wieder bis in tiefere Uferbereiche einwachsen können. Diese Maßnahmen haben zur Folge, dass der Kleinfisch wieder Schutz vor dem Kormoran, der überwiegend im Freiwasser jagt, findet. Am Dümmer selten gewordene Vogelarten wie die Rohrdommel und der Haubentaucher können auch zwischen den Halmen nach Fischen jagen.
Erste Untersuchungen zeigen, dass die Fischdichten in den neu angelegten, wasserdurchfluteten Binsen- und Schilfbereichen deutlich höher sind als in den angrenzenden Wasserflächen. Ein zweiter Effekt der angelegten Schilf- und Binseninseln ist, dass dadurch wieder geschützte Brutareale für den Haubentaucher entstehen. Und auch die Rohrdommel und verschiedene Rohrsänger nutzen die neu geschaffenen Strukturen. So bleibt zu hoffen, dass sich der Haubentaucherbestand am Dümmer erholen wird. Vielleicht wird er ja zukünftig wieder zum Charaktervogel des Dümmers.
Text: Christian Vogel