Die Uferschnepfe – eine Attraktion im Ochsenmoor

Wer Uferschnepfen fotografieren will, wird im Ochsenmoor zur Brutzeit mit Sicherheit fündig werden. Das weiß auch Dr. Hans-Joachim Winkhardt, und zwar nicht erst seit gestern:
„Seit vielen  Jahren fahre ich immer wieder durch das Ochsenmoor und freue mich jedes Mal, wenn ich die Schnepfen voll aktiv antreffe. Es gibt wohl kaum einen geeigneteren Beobachtungsort für diese gefährdete Art.“

Wir bedanken uns für die schönen Fotos!

Uferschnepfe im Ochsenmoor am 27.03.2017
Uferschnepfe im Ochsenmoor am 26.05.2020
Uferschnepfe im Ochsenmoor am 26.05.2020
Uferschnepfe im Ochsenmoor am 26.05.2020

Der vermisste Rotschenkel

Ein Rotschenkel im Ochsenmoor. (Foto: Caroline Poitzsch)

Am Dümmer See, im niedersächsischen Landkreis Diepholz, begann die Reise des kleinen Rotschenkels. Ausgestattet mit einem winzigen GPS-Sender machte er sich auf den Weg in wärmere Gebiete. Der Sender, welcher vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) bereitgestellt wurde, sollte wertvolle Forschungsdaten liefern, um die gefährdete Art besser schützen zu können. Während der Brutsaison verbrachte der Rotschenkel seine Zeit am Dümmer gemeinsam mit anderen Wiesenvögeln wie Uferschnepfen, Kiebitzen, Brachvögeln und Bekassinen.

Doch während einer Rast im Westen Frankreichs übermittelte der Sender des Rotschenkels besorgniserregende Flugdaten. Die Vogelexperten des NLWKN mussten mit Bedauern zur Kenntnis nehmen, dass der geschützte Vogel in der Nähe eines Teichs bei Bordeaux während der dortigen Jagdsaison erlegt wurde.

Der beispielhafte Vorfall verdeutlicht, vor welchen Herausforderungen viele Vogelarten während ihrer Wanderung stehen und unterstreicht die dringende Notwendigkeit, effektive Schutzmaßnahmen für gefährdete Arten zu entwickeln und umzusetzen.

Mit viel Engagement und EU- Fördermitteln optimiert der NLWKN in Niedersachsen Feuchtgrünländer, um gefährdeten Wiesenvögeln sichere Brutplätze zu bieten. Dieser Einsatz verbessert schrittweise die Brutbestände.„Doch dieser Schutz hört leider für viele Arten nach der Brutzeit in den Rastgebieten Frankreichs abrupt auf, wie dieser Fall erneut zeigt. Während Rotschenkel in Deutschland streng geschützt und in ihrem Bestand stark gefährdet sind, gelten sie in Frankreich als Wildvögel, deren Jagd während der Saison erlaubt ist. Es ist eine legale Tat, die für uns dennoch schwer wiegt“, erklärt Christopher Marlow von der Staatlichen Vogelschutzwarte im NLWKN.

Marlow und das NLWKN-Team haben in diesem Jahr neun Rotschenkel mit GPS-Geräten ausgestattet. Diese Maßnahme ist Teil eines EU-Artenschutzprojekts, das Daten über Brutplätze, Zugrouten und Rastgebiete sammeln soll. Ziel des Projekts LIFE IP GrassBirdHabitats ist die Optimierung der Brutgebiete und der Schutz wichtiger Rastplätze für die Vögel.

Die gesammelten Daten enthüllten das Schicksal des vermissten Rotschenkels : Er wurde geschossen, nachdem er Ende Juli die Jagdteiche an der Giroden- Mündung verlassen und den Nordosten Spaniens erreicht hatte. Bereits einen Tag später kehrte er zurück nach Frankreich und wurde schließlich Anfang August dort erlegt. Der Sender meldete zeitgleich arlamierende Werte von einem Feldweg in der Nähe des Teiches. Weitere GPS-Punkte aus einem Dorf bestätigten schließlich, dass der Vogel geschossen worden war.

Lob der internationalen Zusammenarbeit

Trotz des traurigen Abschusses des Rotschenkels hatte sein Tod positive Auswirkungen auf die internationale Zusammenarbeit. „Durch Kontakte zu französischen Vogelschützern von Tour du Valat, einem Forschungsinstitut für den Schutz mediterraner Feuchtgebiete, konnte der GPS-Sender gefunden werden. Die Kollegen vor Ort leiteten einen Aufruf an den lokalen Jagdverband weiter, der dann den Jäger identifizieren konnte. Der Sender wurde übergeben und der Jagdverband möchte einen Aufruf an seine Mitglieder starten, dass geschossene und beringte Vögel immer an die zuständige Markierungszentrale gemeldet werden sollen“, brichtet Marlow.

Die NLWKN-Experten hoffen, so die Dunkelziffer geschossener Wiesenvögel zu senken und eine bessere Datengrundlage für den Schutz dieser Arten zu schaffen. „Denn nur mit belegbaren Daten können die Argumente der Jagdlobby in Frankreich und anderswo entkräftet werden, mit dem Ziel die Jagd auf Wiesenvögel und andere gefährdete Vogelarten gänzlich zu stoppen“, betont Marlow.

Das LIFE IP Projekt „GrassBirdHabitats“

Im Rahmen eines von der EU geförderten LIFE-Projekts wird der Schutz von Wiesenvögeln wie Uferschnepfe, Kiebitz und Brachvogel in Niedersachsen gefördert. Das Ziel ist die Schaffung und Vernetzung optimaler Brutgebiete, durch extensivere Flächennutzung und angepasste Wasserstände. In 27 Projektgebieten werden entsprechende Maßnahmen umgesetzt, unterstützt durch ein Budget von rund 27 Millionen Euro. Die staatliche Vogelschutzwarte im NLWKN koordiniert das Projekt in Zusammenarbeit mit Partnern wie der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer, oder dem Büro BioConsultOS. Ebenfalls gibt es Projektpartner in den Niederlanden, wie zum Beispiel die Provinz Friesland, die Universität Groningen sowie die landwirtschaftliche Kooperative Collectief Súdwestkust (SWK) und der Naturschutzverband BondFrieseVogelWachten (BFVW).
Seit 2018 werden Uferschnepfen mit Satellitensendern ausgesattet, um ihre Zugrouten zu verfolgen.

Die Zugrouten lassen sich über https://www.globalflywaynetwork.org/ nachverfolgen.

Quelle:Internationale Suche nach vermisstem Rotschenkel nimmt ein trauriges Ende | Nds. Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz

Insektenmonitoring

Im LIFE Projekt Godwit Flyway sind wir mit der Betreuung von Fallen für das Monitoring von Wirbellosen beauftragt. Es soll die Nahrungsverfügbarkeit für Uferschnepfen untersucht werden.
Mitte Juli haben wir auf den sechs Feuchtgrünlandflächen im Ochsenmoor und den drei Intensivgrünlandflächen alle Fallen wieder abgebaut. Drei Monate lang waren wir jede Woche unterwegs und haben die Fallen geleert. Ein paar der Arbeitsschritte haben wir einmal gefilmt und hier zusammengeschnitten.
Zu sehen sind das Entfernen des Fangbehälters von der Malaisefalle, das Leeren einer Bodenfalle, die Kaffeefilter, durch die wir die Fangflüssigkeit ablaufen lassen – die Proben werden anschließend mit Ethanol verpackt, das Einsetzen einer Bodenfalle mit Gitter als Schutz für Wirbeltiere und Plastikteller als Regendach, eine Klebefalle kurz vor dem Wechsel und das Anbringen einer neuen Klebefalle. Die Emergenzfallen fehlen im Video.
Die Auswertung läuft an der Uni Groningen.

Zelte im Ochsenmoor?

Im Rahmen des Integrierten LIFE-Projektes GrassBirdHabitats werden jedes Jahr in drei Untersuchungsgebieten in Friesland, an der Unterelbe und bei uns am Dümmer, Daten zur Untersuchung der Nahrungsverfügbarkeit der Uferschnepfe erhoben. Dabei kommen 4 Fallentypen für Wirbellose zum Einsatz: Malaisefalle (das Zelt aus Netzstoff), Gelbklebefalle, Emergenzfalle und Bodenfalle. Wir, die NUVD, sind für die Betreuung zuständig, die Auswertung macht die Uni Groningen.

Letzte Woche haben wir, gemeinsam mit Mitarbeiter*innen der Uni, die Fallen für dieses Jahr aufgestellt. Oder eigentlich noch nicht ganz, denn aufgrund des Wasserstandes im Ochsenmoor konnten wir auf keiner der dort liegenden Flächen die Becher der Bodenfallen versenken. Auf den ersten Bildern sind zwei besonders nasse Flächen zu sehen, auf denen das bisher sowieso immer erst zu einem späteren Zeitpunkt möglich war. Auf den drei Intensivgrünlandflächen, die am zweiten Tag bestückt wurden, konnten wir dann aber Löcher machen und die Becher einsetzen. Über den Bechern befestigen wir jeweils ein kleines Gitter als Reinfallschutz für Wirbeltiere wie Mäuse und Frösche. Darüber wird ein Kunststoffteller als Regenschutz angebracht.

An jedem Standort messen wir außerdem jede Woche entlang eines Transektes an 10 Punkten die Vegetationshöhe, die Bodenfeuchte und die Festigkeit des Bodens (Stocherfähigkeit für den Uferschnepfenschnabel). Steht Wasser auf der Fläche, messen wir nur Vegetationshöhe und Wassertiefe.

Eine Gelbklebefalle wird aufgestellt. Im Hintergrund wird noch an der Malaisefalle gearbeitet.
Für den Aufbau der Malaisefallen ist es nicht schlecht, ein paar Hände mehr zu haben.
Die Malaisefallen sind für den Fang fliegender Insekten entwickelt worden. Die Insekten fliegen von der Seite gegen die Mittelwand und fliegen dann, dem Licht folgend, nach oben, wo sie im Fangbehälter enden. Die Malaisefallen werden alle mit dem Giebel, an dem der Fangbehälter befestigt ist, Richtung Nordwesten ausgerichtet. Somit sind alle dieser zeltartigen Gebilde aus Netzstoff mit der Seite zur Hauptwindrichtung gedreht.
Gesamter Aufbau im Überblick. Nur die Bodenfallen fehlen. Die beiden Kegelförmigen Fallen sind die Emergenzfallen.
Auf den drei Intensivgrünlandflächen, konnten die Bodenfallen gesetzt werden.
Ist die Fläche nicht überstaut, wird mit dem Penetrometer (links) der Bodenwiderstand gemessen, also gewissermaßen die Stocherfähigkeit des Bodens für den Uferschnepfenschnabel. Außerdem messen wir die Bodenfeuchtigkeit.
Wir messen immer auch die Vegetationshöhe an den zehn Punkten des Transektes und bei überstauten Flächen die Wassertiefe.

Bisamburgen

Im Ochsenmoor sind an einigen Stellen große Haufen aus Pflanzenresten zu sehen. Dabei handelt es sich um Bisamburgen.
Bisame können zwei Arten von Bauen anlegen. Sie können zum einen mit den Vorderläufen und den Zähnen Erdbaue graben, wobei sie häufig Deiche, Dämme und ähnliches beschädigen. Wenn dies aufgrund der Gegebenheiten im Lebensraum nicht möglich ist, können sie zum anderen die erwähnten Bisamburgen bauen.
Der Wasserstand ist im Ochsenmoor überall so hoch, dass keine Böschung für einen Erdbau mehr zur Verfügung steht. Also haben die Bisame mit Pflanzenmaterial für trockene Plätzchen gesorgt.

Bisamburg (Foto: C. Poitzsch)

Zu lange Regenphase

Aufgrund der langen Regenphase in den vergangenen Wochen, ist der Grundwasserstand im Ochsenmoor wieder stark angestiegen. Durch das viele Wasser ist die diesjährige Heuernte bislang fraglich, da die Flächen kaum befahrbar sind. Die Heuernte im Ochsenmoor ist elementar für einen guten Pflegezustand und damit für die Eignung des Gebiets für Wiesenvögel im kommenden Frühjahr. Daher wird auf ein paar trockene und warme Tage gehofft, damit die Flächen ausreichend abtrocknen können, um die Heuernte durchzuführen.

(Fotos: Marcel Holy)